Carl Maria von Weber gefiel es hier nicht, warum auch immer…

Wer durch diesen Teil der Stadt wandert, weiß, dass er nur Gebäude sehen wird, die schön sind und eine Geschichte erzählen können. Wie etwa das Wratislaw Haus (Vratislavský dům) in der Jilská 450/16 mitten im Herzen der Altstadt.

Die hochbarocke Fassade repräsentiert natürlich nicht den Ursprung des Gebäudes, denn die Altstadt heißt ja Altstadt, weil sie wirklich alt ist. Wir müssen also ins Mittelalter zurück, als hier an dieser Stelle zwei gotische Häuser zwei gotische Häuser (vermutlich im 14. Jahrhundert) entstanden. Die wurden in der Renaissance zu einem etwas respektableren und statusträchtigeren Palais zusammengelegt, was dazu führte, dass hintereinander immer wieder bekannte Adelsfamilien hier ihr Domizil aufschlugen – erst das Geschlecht Mladota von Solopisk, dann die Familie Kolowrat-Liebstein oder es kam immerhin der Verwalter der Güter des Geschlechts der Czernin von und zu Chudenitz, ein gewisser Johann Christoph Seifrid.

Aber das, was wir heute bewundern können, verdanken wir Philippa Josefa, Gräfin Wratislaw von Mitrowitz (1723–1800), der Gattin von Vinzenz Ignaz, Graf Wratislaw von Mitrowitz, Die wurde 1752 Eignerin und baute sofort kräftig um bzw. neu, was bis 1765 dauerte. Das Ganze wurde unter ihre eine Art Kultursalon und es soll angeblich hier damals Amateurtheater gespielt worden sein. Zurecht wurde sie zur Namensgeberin des Palastes. Aber schon unmitellbar nach der Fertigstellung ging das Haus an neue Besitzer, einer Adelsfamilie namens Morzin. Obdachlos wurde die Gräfin deshalb aber nicht, denn die Familie besaß gleichzeitig noch eine andere Großimmobilie auf der Kleinseite, den Vratislav Palast (Vratislavský palác), den sie ebenfalls im barocken Stil umbauen ließ (wir berichteten hier)

Nach etlichen anderen Besitzerwechseln zog, wenngleich nur zur Miete, 1813 ein wirklich prominenter Bewohner ein: Der Komponist Carl Maria Weber, damals frischgebackener Direktor und Dirigent des Ständetheaters (wir berichteten u.a. hier) in Prag. Trotz der erstrangigen Wohngegend fühlte sich der Komponist in Prag nie heimisch – warum auch immer (zu wenig Geld und zuviel Arbeit, so heißt es, aber wer weiß?) und auch im Gegensatz etwa zu Mozart, der Prag abgöttisch liebte. Weber verließ Prag 1816 für Dresden, wo er im Jahr darauf die Sängerin Caroline Brandt ehelichte, auf die er schon in Prag ein Auge geworfen hatte, und die auch eine berufliche Perspektive in Deutschland gesucht hatte. Wegen des frühen Umzugs kann sich Prag leider nicht rühmen, 1821 der Aufführungsort des Freischütz zu werden, eine Ehre, die nun dem Schauspielhaus in Berlin zuteil wurde.

Es folgte eine abwechslungsreiche Besitzerfolge. Um 1850 ließ ein neuer Besitzer, ein Kaufmann namens Josef Neumann, das Innere behutsam, aber kaum störend, klassizistisch überarbeiten. Etwas tiefgreifender war eine größere Modernisierung in den Jahren 1938–1939, als der Durchgang umgestaltet und in den darüber liegenden Räumen Laboratorien eingerichtet wurden. Nach dem Krieg wurde hier nämlich das Forschungsinstitut für Pharmakologie der Akademie der Wissenschaften der Tschechischen Republik (Akademie věd České republiky) eingerichtet, über die wir hier berichteten. Die zog nach 1989 wieder aus, und nach einem kleinen Umbau befand sich hier ab 1990 bis 2016 das Slowakische Institut in Prag .

In dieser Zeit wurde heftig renoviert und restauriert (vor allem auch die leider nicht öffentllich zugänglichen Deckengemälde) und seither trägt das Gebäude viel dazu bei, dass die Altstadt hält, was ihr Ruf verspricht. Die üppigen Stuckarbeiten und grotesken Maskaronen erstrahlen seither in neuem Glanz. Der unregelmäßige Aufbau der Fassade, der der Tatsache geschuldet ist, dass das Hauptportal nicht zentral, sondern ganz außen auf der linken Seite platziert wurde – vermutlich in Anknüpfung an den mittelalterlichen Ursprungsbau, trägt zur interessanten Optik des Ganzen bei. Das gilt auch für die seltsame Schlangensymbolik auf den Türen, für die ich keine Erklärung habe. Meist wurde die Schlange in der frühen Neuzeit als Hausschild für Apotheken verwendet. Ein Beispiel dafür zeigten wir hier. aber von der Existenz eine Apotheke ist in Zusammenhang mit dem Haus nicht überliefert. Aber alte Gebäude müssen auch Rätsel aufgeben können. (DD)

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