- Hans Weber
- November 1, 2024
Das Erbe eines guten Pfarrers
Zu den schönsten Ausfluggebieten unmittelbar bei Prag gehört der Weg vom unmittelbar nördlich angrenzenden Roztoky durch das Tiché údolí (Stille Tal) nach Únětice, wo es eine berühmte lokale Brauerei gibt, über die wir hier schon berichtet haben. aber mit der Brauerei erschöpft sich die Schönheit des kleinen Dorfes nicht. Ein Abstecher zur oben auf der Höhe liegenden Kirche Mariä Himmelfahrt (Kostel Nanebevzetí Panny Marie) lohnt sich in jedem Fall.
Über den Ort, und dass es da eine Kirche gegeben haben muss, wird in den Urkunden schon für das Jahr 1125 berichtet. Dass sich am heutigen Ort tatsächlich eine Kirche befand, ist für das Jahr 1132 belegt, aber vielleicht ist sie auch ein wenig älter. Das muss damals jedoch ein kleiner Bau (allerdings mit vier Altären) im Stil der Romanik gewesen sein. Aber das ist nicht mehr das, was wir heute sehen. Denn in der Mitte des 18. Jahrhunderts hatte die Kirche das Glück, einen wohlhabenden und großzügigen Pfarrer namens Václav Nespěšný zu haben, der schon zu Lebzeiten eifrig für die Kirche spendete. Dazu gehörte 1752 eine prunkvolle silberne Monstranz, die leider im Zuge des Siebenjährigen Krieges 1758 von den Preußen geraubt wurde.
Als der gute Pfarrer 1759 starb, hinterließ er der Kirche ein so stattliches Erbe, das dann den Grundstock für einen größeren, moderneren und prächtigeren Neubau legte. Der begann mit der Grundsteinlegung am 9. Mai 1766 und endete mit der Weihung am 23. Dezember 1770. Seither verfügt Únětice über eine fesche Barockkirche, die sich recht prunkvoll ausnimmt, woran auch ein schäbiger Einbruch durch Diebe im Oktober 1825 nichts grundlegend änderte, durch den etliche große Zinnleuchter, kleiner Leuchter von Altar und viele geistliche Gewänder verloren gingen.
Die Kirche ist von der Mauer des alten Kirchhofs umgeben, der im späten 18. Jahrhundert aufgelöst wurde, weshalb man sie nur, wenn man Glück hat oder gerade ein Gottesdienst stattfindet, betreten kann. Innen ist vor allem der spätbarocke Altar im Rokokostil bemerkenswert, in dessen Mitte sich ein Bild der für die Kirche namensgebenden Himmelfahrt Mariens befindet. Das Gemälde ist das Werk des Malers Ignaz Viktorin Raab, einem begabten Jesuiten, der fast überall in den Kirchen und Klöstern Böhmens und Mährens seine Spuren hinterlassen hat – so etwa durch sein Wirken als Freskenmaler im Prager Klementinum, dem Jesuitenkolleg in der Altstadt (wir berichteten darüber hier), in den Jahre 1758 bis 1771.
Es gibt daneben noch zwei kleine Seitenaltäre und ein steinernes Taufbecken. Im Laufe der Zeit wurde die Kirche immer wieder renoviert und ein wenig modernisiert, ohne dass die Grundsubstanz dabei gravierend verändert wurde. Eine gründliche Instandsetzung wurde im Jahr 1909 durchgeführt, größere Außenarbeiten erfolgten 1966. Die Kirche steht seit 1958 unter Denkmalschutz. Und seither scheint sie gut in Schuss gehalten worden zu sein, was bei vielen Dorfkirchen am Rande Prags, die noch unter den Folgewirkungen des Kommunismus leiden, nicht immer selbstverständlich ist. Der gute alte Pfarrer Nespěšný, dem wir sie letztlich verdanken, hätte seine Freude daran, lebte er noch heute. (DD)
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