Das Haus der Beerdigungsbruderschaft

Die Heilige Bruderschaft jener, die Taten der Barmherzigkeit vollbringen (hebräisch: Chewra kadischa de-gomle chasadim), die schon 1564 in Prag gegründet wurde, ist die wohl berühmteste aller jüdischen Beerdigungsbruderschaften in Europa und vielleicht darüber hinaus.

Und ihr Namenszug steht auch über dem Haupteingang des Hauses der Beerdigungs-Bruderschaft Chewra Kadischa (Dům pohřebního bratrstva Chevra kadiša) in der Široká 36/5 und 37/7 im ehemaligen Judenghetto Josefov. Man sieht auf dem großen Bild oben, dass das Gebäude direkt neben dem Alten Jüdischen Friedhof (wir berichteten hier) liegt, dessen Außenmauer man erkennen kann.

Die Chewra Kadischa ist eine freiwillige, auf Spenden der Gemeinde beruhende Institution, der die jeweils die angesehensten Männer der Gemeinde (seit dem 19. Jahrhundert gibt es auf vereinzelt Beerdigungsschwesterschaften) angehören, die sich um die Sterbenden und die Sterberituale in der Gemeinde kümmern. Dazu gehören Besuche am Sterbebett, die Leichenwaschung, die Bekleidung mit Grabgewändern, die Beerdigung selbst (möglichst am Todestag), die Trauerrituale, der Besuch der Hinterbliebenen während der siebentägigen Trauerzeit und vieles mehr. Sie erfüllt eine religiöse Kernaufgabe, die als besonders verdienstvoll gilt.

Das recht groß dimensionierte Gebäude der Chewra Kadischa in der Široká diente der Bruderschaft nicht zur Durchführung der Beerdigungszeremonien, etwa der Leichenwaschung. Dafür gab es die nahegelegene und zur gleichen Zeit erbaute Zeremonienhalle in der U Starého hřbitova 243/3a, die heute ein Teil des über das ganze Viertel verstreuten Komplexes des Jüdischen Museums von Prag ist. Vielmehr nutzte es die Bruderschaft als Treffpunkt und vor allem als Verwaltungsgebäude. Und von Anbeginn an wurde auch der größte Teil des vierstöckigen Doppelhauses als Wohnungen vermietet. Eine Vielzahl von Büros und Mietswohnungen bestimmen heute völlig die Nutzung des Hauses.

Das Gebäude wurde in den Jahren 1910/11 erbaut. Der Architekt war Bohumil Hypšman (die ursprüngliche deutsche Schreibweise Hübschmann tschechisierte er nach 1945). Hypšman war ein Schüler des bedeutenden österreichischen Architekten und Stadtplaners Otto Wagner. Das Haus der Chewra Kadischa war sein einziges spezifisch für jüdische Institutionen gebautes Gebäude. Unter seinen vielen öffentlichen Gebäuden ragt das 1923 geplante Gebäud des heutigen Gesundheitsminsteriums in Prag heraus. Das Haus der Chewra Kadischa ist ein herausragendes Beispiel für die Anfänge der Moderne nach dem Auslaufen des Jugendstils. Es besticht durch seine einfachen kubischen Formen. Auffällig ist, dass die Vorderseite zum Friedhof, die der Bruderschaft als Sitz diente, aufwendiger (zum Teil mit Perlmuttschmuck) dekoriert ist (Bild oberhalb links) als die Rückseite (Bild rechts). (DD)

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