Der neue Palast der Kolowrats

Die ganz großen Adelsfamilien Böhmens hatten in Prag meist nicht einen, sondern mehrere Paläste. So die Lobkowiczs (hier und hier), die Sternbergs (hier und hier) und etliche mehr. Und da macht das Grafengeschlecht von Kolowrat, das ebenfalls einen wichtigen Platz in der Geschichte Böhmens und des Habsburgerreich einnimmt, keine Ausnahme.

Wenn man in der Luxuseinkaufsmeile der Na příkopě nahe dem Wenzelsplatz Shopping geht, fällt das Gebäude des Neuen Kolowrat Palais‚ (Nový Kolowratský palác) in der Tat als besonders prachtvoll auf. Gebaut wurde er im damals voll im Trend befindlichen Stil der Neorenaissance in den Jahren von 1881 bis 1884. Er ist sozusagen das neuere Gegenstück zu dem berühmten alten, aber nicht mehr in Familienbesitz befindlichen, im Barockstil erbauten Kolowrat Palast (Kolovratský palác), der 1776 am anderen Moldauufer auf der Kleinseite erbaut wurde, und über den wir bereits hier berichteten.

Die Bedeutung der Kolowrats zeigt sich schon darin, das die Straße zwischen 1839 und 1870 sogar noch Kolowratstraße hieß. Benannt war sie nach Franz Anton Graf von Kolowrat-Liebsteinsky. Der war Prager Burggraf und ab 1826 Mitglied der kaiserlichen Regierung als Staats- und Konferenzminister, was etwa der Position eines Finanzministers entspricht – ein Amt, das er kompetent und nach liberalen Grundsätzen ausübte. Allerdings war die Zeit der klassischen Adelssitze im Stile des alten Palasts vorbei, als der neue Palast gegründet wurde. Nur ein Teil mag exklusive Residenz gewesen sein, ein großer Teil war vermietet oder anderweitig kommerziell genutzt. Im Keller des Neuen Kolowrat Palastes befand sich zum Beispiel das noble Restaurant U Piskáčků, das es allerdings schon lange nicht mehr gibt. Über ähnliches berichteten wir bereits im Zusammenhang mit dem m Lažanský Palace (Palác Lažanských) am Moldauufer, wo 1884 die berühmte Kavárna Slavia (früherer Beitrag hier) einzog.

1943 verlor die Familie den Besitz. Heinrich Wilhelm Albrecht Paul Graf von Kolowrat-Krakowsky war ein vehementer Gegner der Nazis und überzeugter Demokrat. Er unterstützte den Widerstand. Prompt enteigneten ihn die Nazis. Als die Demokratie 1945 wiedererstand, galt er als Held. Der Besitz wurde zurückerstattet und der Graf wurde Botschafter der Tschechoslowakei in Ankara. Das Glück währte nur kurz. 1948 kamen die Kommunisten an die Macht und enteigneten ihn wieder, worauf er und seine Familie sich in dei USA absetzten. Nach der Samtenen Revolution 1989 kehrte er wieder zurück, um beim Neuaufbau der Demokratie zu helfen. Der gestohlene Besitz wurde ihm wieder übereignet. 1996 starb er im hohen Alter von 98 in hohem Ansehen.

Heute betreibt die Familie hier ein Konferenzzentrum. Vorne gibt es Geschäfte im gehobenen Luxussegment, wie es sich für die ehemalige Kolowratstraße gehört. Über dem Eingang sieht man übrigens die Wappen zweier Linien des Geschlechts der Kolowrat. Links (mit einköpfigem Adler) das der Kolowrat-Krakowský, rechts (doppelköpfiger Adler, österreichischen Wappen auf der Brust) Kolowrat-Novohradský. Die Wappen sehen, wie alles man Palast, blitzblank und gut in Schuss aus. Seit 1997 wurde er nämlich – nach Jahren kommunistischer Vernachlässigung – von der Familie wieder aufwendig renoviert. (DD)

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