Ein Grab, das lächeln lässt

Jemand, der die Menschen zum Lachen brachte, verdient auch einen Grabstein, der lächeln macht. So wie Jiří Červený, der große Gründervater des tschechischen literarischen Kabaretts, der heute vor 60 Jahren, am 6. Mai 1962 starb. Und wer die Menschen zum Lachen bringt, hat sich obendrein auch noch seine Ruhestätte auf dem großen Nationalfriedhof auf dem Vyšehrad mehr als verdient (über den wir hier berichteten).

Jiří Červený, der Sohn des berühmten böhmischen Musikinstrumentenbauers Václav František Červený und Vater der noch berühmteren Opernsängerin Soňa Červená, gründete 1909 die Kabarettgruppe Červená sedma, zu Deutsch: Die Rote Sieben (das war nicht politisch gemeint, vielmehr ist Červený das tschechische Wort für rot). Die trat zunächt eher nebenberuflich organisiert auf, aber 1916 erlaubte der Erfolg eine Professionalisierung. Full-time trat man zunächst einmal im Rokoko-Theater am Wenzelsplatz als Stammhaus auf. 1918 verlegte man den Aufführungsort in das kleine Theater im Hotel Central (Bild oberhalb links) in der Hybernska (Neustadt), wo auch schon Kulturgrößen wie Franz Kafka und Karl Kraus aufgetreten waren.

Der Erfolg war so gigantisch, dass man 1919 sogar eine Filiale in Brünn aufmachte, die irgendwann wegen des übermäßigen Andrangs geschlossen werden musste. In Prag zog man 1921 in eine Bar des Gemeindehauses (Obecní dům; Bild rechts) – eine Location, die sich als eher ungünstig erwies, weil es dem Betreiber mehr darum ging, dass die Leute aßen und tranken, als dass sie dem Kabarett zuhörten. Auch ebbte das Publikumsinteresse allmählich ab. Im Frühjahr 1922 trat man zum letzten Mal auf.

Was blieb, war das Erbe von Jiří Červený und seinen Červená sedma. Die waren die Pioniere des tschechischen Kabaretts. Bühnenhumor sollte nicht mehr nur derb, sondern auch künstlerisch und intellektuell anspruchsvoll sein. Szenische Aufführungen wechselten mit Liedern oder Opernparodien ab. Das Zeitgeschehen wurde in cleveren Kommentaren einbezogen. Červený komponierte dabei viele Lieder und einige davon wurden zu Hits (hier Červenýs Komposition Písnička z mládí in der Fassung von Oldřich Kovář) im Lande. Nach dem Ende der Roten Sieben widmete sich Červený mehr dem Film, und zwar hauptsächlich als Filmkomponist und Schauspieler, etwa in Kinoerfolgen wie Hříchy lásky (Die Sünde der Liebe) von 1929, Černý plamen (Schwarze Flamme) von 1930 oder Srdce v celofánu (Herz in Zellophan) von 1939.

Seit 1930 engagierte er sich auch für eine Autoren- und Komponistenorganisation, die die Urheberrechte von Kunstschaffenden gewahrt sehen wollte. Dann erfolgte eine Zwangspause als die Nazis im Land einmarschierten, unter denen er sogar eine zeitlang inhaftiert war. Nach dem Krieg knüpfte er nur gelegentlich an seine Kabarettistenkarriere an. Die Zeit des Kommunismus war dafür bekanntlich kein sonderlich fruchtbarer Boden. Hauptsächlich arbeitet er für die staatliche Vereinigung zum Schutz des Urheberrechts (Ochranný svaz autorský).

Das oben abgebildete Grab, das man ihm dann 1962 setzte, wurde mit einer Karikatur versehen, die der Schauspieler, Kabarettist, Sänger und Maler Emil Artur Longen in den 1920er Jahren angefertigt hatte, als er zusammen mit Jiří Červený bei den Červená sedma mitwirkte. (DD)

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