Eine Tschechisch-Würzige Liebesbeziehung

Unser Landesblogger Jannik wurde in seinem bisherigen Aufenthalt in Tschechien vor allem von einer kulinarischen Kombination überrascht.

Er ist überall. Egal ob in den tiefgekühlten Bratkartoffeln im Supermarkt, dem deftigen Gulasch aus dem Restaurant, oder der leichten Suppe aus dem Bistro nebenan. Praktisch in jedem tschechischen Nahrungsmittel ist Kümmel enthalten. Es ist das kulinarische  Äquivalent einer schillernden Liebesbeziehung, welche sich wohl niemals scheiden lässt. Falls Hollywood mal wieder auf der Suche nach einer neuen Liebesgeschichte ist, im Herzen von Tschechien befinden sich nach Kümmel schmeckende Schmetterlinge in den Bäuchen der Menschen. Doch so sehr das Gewürz mit dem starken Eigengeschmack in die deftig-tschechische Küche passt, so irritiert ist mein deutscher Gaumen bei manch anderen. Besonders bei einem Lebensmittel, welches in meiner Heimat als Kulturgut verehrt wird: dem Brot.

Zwar ist auch in Tschechien das Brot der typisch alltägliche Begleiter mit krosser Kruste und saftiger Krume, der Kümmel jedoch ständig mit von der Partie. Anfangs stieß bei mir die plötzliche Konfrontation mit dem intensiven Kümmelaroma im Sauerteig noch auf Ablehnung, mittlerweile nehme ich sie bereitwillig hin. Geschmacklich überzeugen kann es meine mit kümmelfreien Brot sozialisierten Geschmacksknospen jedoch nicht wirklich. Zu eigenwillig ist das Aroma von Kümmel, des Einzelgängers unter den Gewürzen, welches sich nur selten in Gesellschaft mit anderen Gewürzen verträgt. Nicht falsch verstehen, dieser spezielle Geschmack verleiht verschiedenen Gerichten wie Eintöpfen eine besondere, essenzielle Note. Doch Kümmel und Brot, das sind zwei unterschiedliche Welten für mich.

Gesundes Gewürz

Dennoch besitzt der Kümmel im Brot zumindest aus gesundheitlicher Sicht definitiv seine Daseinsberechtigung, wie auch in all den anderen Lebensmitteln. Ein Teelöffel Kümmel (ca. 6g) liefert ganze zwei Gramm Ballaststoffe, was zehn Prozent der empfohlenen Tagesmenge eines Erwachsenen entspricht. Ballaststoffe tragen wesentlich zu einer regelmäßigen Verdauung bei. Zudem besitzt das Gewürz hochwertige Fettsäuren und Proteine, welche essentiell für unseren Körper sind. Auch enthalten die kleinen Kümmelsamen zahlreiche Nährstoffe, neben Vitaminen vor allem Mineralstoffe. All diese Informationen lassen mich das tschechische Brot zumindest mit gutem Gewissen essen.

Der rätselhafte Ursprung

Wie und warum es der Kümmel in das tschechische Brot geschafft hat, ist bis heute ungeklärt. Die böhmische Küche hat ihre Wurzeln in den jahrhundertealten Ernährungsgewohnheiten der Bevölkerung Mitteleuropas. Die Menschen waren abhängig von Früchten und Gewächsen, die in den von ihnen bewohnten Gebieten angebaut werden konnten. Das ist auch beim Kümmel der Fall, einem der ältesten europäischen Gewürze, und schon in der Steinzeit als Würzmittel bekannt. Da es seit Jahrhunderten als gesundheitsfördernd gilt, benutzte man es oft und gerne in allen möglichen Gerichten. Was das tschechische Brot angeht, besagen Theorien, der Kümmel wäre bei der Zubereitung anderer Gerichte übrig geblieben und in billigem Brot wiederverwendet worden. Beweise gibt es dafür keine und somit bleibt es wohl ein Geheimnis der Geschichte.

Kein Geheimnis ist dagegen, dass Kümmel und Brot bis heute für die meisten Tschechinnen und Tschechen zusammengehören. Geschmäcker sind halt verschieden und vielleicht möchte auch ich das Kümmelbrot in ein paar Monaten nicht mehr missen wollen. Es ist auch allgemein spannend, wie unterschiedlich das Brot in verschiedenen Kulturen und Nationen in Europa zubereitet wird. In Italien vergessen sie das Salz, in Frankreich formen sie es zu einer großen langen Stange und in Schweden trocknen sie es so lange, bis es schön knackt. Dagegen ist der Kümmel noch eine der gesündesten Variationen. Am Ende bleibt die Funktion von Brot seit Jahrhunderten die gleiche: es macht satt. Egal ob mit oder ohne Kümmel.

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