Erfolgreiche Brauerei – Opfer des Kommunismus

In einem Brief an Kaiser Rudolf II. vom 22. Juni 1593 wird das Bierbrauen hier erstmals schriftlich erwähnt, aber höchstwahrscheinlich begann man schon viel früher damit. Auf jeden Fall hinterließ das Ganze am Ende ein recht stattliches Bauwerk: Die alte Brauerei von Zbraslav (Zbraslavský pivovar) am Zbraslavské náměstí 457 (Zbraslav-Platz).

Die Braukunst war lange etwas, das Land- oder Gastwirte oft im Hintzerzimmer im Kleinen betrieben. Große Brauereien im eigentlichen Sinne entstanden in Böhmen entweder im Zuge der Industrialisierung im 19. Jahrhundert (ein Beispiel nannten hier) und dabei oft mit kommunaler Hilfe (Beispiel hier) oder – meist wesentlich früher – in Klöstern. Die waren ja meist nicht nur Orte des frommen Gebets, sondern auch recht große und moderne Wirtschaftsbetriebe. Die Brauerei in Zbraslav begann ihr Leben 1764 als eine ebensolche Klosterbrauerei im Auftrag des Abtes Desiderius Duchoslav Andres, der sich damals überhaupt um ein Wachstum des dortigen Klosters (etwa durch Einrichtung einer großen Bibliothek) verdient gemacht hatte. Die Brauerei deckte nicht nur den jährlichen Eigenbedarf der Mönche von immerhin 300 (!) Fässern, sondern belieferte auch mindestens drei Gasthäuser in der damals noch nicht zu Prag gehörenden Stadt Zbraslav.

Das bierselige Klosterleben kam jedoch 1785 zum Ende, als im Zuge einer aufklärischen Kirchenpolitik die Klosterenteignung unter Kaiser Joseph II. durchgeführt wurde. Das säkularisierte Klosterareal fiel nun an die Familie der Fürsten Oettingen-Wallerstein, die hier wohnte (das Kloster wurde dabei allmählich in ein Schloss Zbraslav umgewandelt – wir berichteten hier), eine lukrative Zuckerfabrik aufbaute und die Brauerei weiter betrieb. Der Umsatz stieg. 1873 wurden rund 15.400 Hektoliter produziert und um 1900 gar 25.000 Hektoliter, vor allem das beliebte Dunkelbier der Brauerei, die die Fürsten teils von selbständigen Brauern in „Franchise“ als Pächter brauen ließen. Selbst am ferne Hofe in Wien ließ man sich zu dieser Zeit das Bier aus Zbraslav schmecken. Technisch modernisierte man sich immer wieder. Und dem immer größeren Output folgte zwingend die Vergrößerung der Gebäude. Das meiste von dem, was man heute an großartiger Brauerei-Architektur sieht, entstand um 1880.

1910 stand ein weiterer Besitzerwechsel an. Das ehemalige Klosterareal wurde von dem Textilfabrikanten und Mäzen Cyril Bartoň-Dobenín erworben. Die Brauerei lief aber weiter. Auf 35.000 Hektoliter stieg im letzten Jahr vor dem Ersten Weltkrieg der Bierausstoß. Bartoň-Dobenín betrieb die Brauerei erst selbst, wie zuvor der Fürst zog er es ab 1924 aber vor, die Brauerei zu verpachten, und zwar an einen Brauer namens Josef Škvor. 1936/37 wurde eine umfassende Modernisierung (vor allem die Elekrifizierung und die Bohrung nach einem neuen Brunnen für das Wasser) durchgeführt. Die Brauerei schien für die Zukunft gerüstet. Sie überlebte auch Nazi-Besetzung und Krieg, doch 1948 wurde das Ende eingeläutet. DIe Kommunisten kamen an die Macht und verstaatlichten den Betrieb kurzerhand.

Die Kommunisten planten wohl nie, dass hier die Bierproduktion (wenngleich von Staatsdienern betrieben) weitergehen sollte. Konsequent in planwirtschaftlichen Dimensionen denkend, glaubten sie an Zentralisierung und Konzentration. Das Brauen sollte auch wenige Braugroßkonglomerate reduziert werden. Durch das Dekret der Ministerin für Ernährung, Ludmila Jankovcová, mit Akten-Nr. 82439/50-III / 7 vom 19. Dezember 1950 wurde die Brauerei völlig aufgelöst und eingestellt. Die technischen Anlagen wurden in die Brauerei in Velké Popovice gebracht, die heute – wieder privatisiert – zu den großen Brauereien Tschechiens gehört. Aber für die Brauerei in Zbraslav war 1950 endgültig Schluss. Ein weiteres Opfer des Kommunismus.

In die alten Gemäuer zog 1952 die gerade gegründete Staatsfirma Biogena, ein Hersteller Vitaminpräparaten und Nahrungsergänzungsmitteln, ein, der den Ort aber inzwischen verlassen hat und nach dem Ende des Kommunismus erfolgreich privatisiert wurde. Teile des Gebäudekomplexes dienen heute einem Hotel und der Informationszentrum von Prag-Zbraslav als Unterkunft. Das im historistischen Stil der Neorenaissance gehaltene gebäude schließt den Hauptplatz Zbraslavs auf der nördlichen Seite optisch ab, und ist eiegntlich die Dominante des Ortes, der dadurch sehr gewinnt – auch wenn hier kein Bier mehr gebraut wird. (DD)

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