- Hans Weber
- April 24, 2025
Erst Palast, dann Gesundheitsbehörde, jetzt Hotel
In einem ehemaligen Palast zu übernachten, gehört bekanntlich nicht zu den schlechtesten Dingen, die einem im Leben widerfahren können. Zum Glück gibt es in Prag auch Hotels, die eigentlich nichts anderes sind, als umgebaute Paläste. So geschehen mit dem Věžník Palais (Palác Věžníků) in der Hybernská 1002/12 inmitten der Neustadt.

An dem Ort, wo heute ein recht voluminöses Gebäude zu sehen ist, befanden sich zuvor zwei bereits recht groß dimensionierte Bürgerhäuser. Die wurden Mitte des 17. Jahrhundert zu einem großen Gebäude zusammengelegt und zu einem Barockpalais umgestaltet. In der unmittelbaren Umgebung entstanden zu dieser Zeit etliche Adelspaläste, etwa dieser hier auf der gegenüber liegenden Straßenseite. Der aus den beiden Bürgerhäusern erwachsene Palais wechselte in der Folge unzählige Male die Besitzer. Zu denen gehörte zunächst das Geschlecht der Waldstein (dessen berühmtester Sprössling von Schiller verarbeitet wurde), aber auch die Straka oder die Vřesovic (die hier in den 1720ern ihre berühmte Kunstsammlung unterbrachten) – samt und sonders hoher böhmischer Adel.

Der Palais wurde auch jedes Mal entsprechend umbenannt, aber hängen blieb nur der eine: Věžník Palais. Das liegt an František Xaver Graf Věžník von Věžník. Der hatte eigentlich seinen Stammsitz im fernen Velké Všelisy, aber der begabte Jurist und zeitweise Oberstlandhofmeister des Königreichs Böhmen war eine wesentliche Stütze der aufklärerischen Reformpolitik von Königin Maria Theresia und auch der ihres Sohnes Kaiser Joseph II.. Deshalb musste er in Prag immer „vor Ort“ sein, weshalb der Palast bald zu seinem Hauptwohnsitz wurde.Zu den nächsten Besitzern gehörte das Geschlecht der Vrtba, deren letzter Vertreter, František Josef Vrtba, im Jahre 1830 starb, worauf der Besitz an das Fürstengeschlecht der Lobkowicz fiel, denen in diesen biedermeierlichen Zeiten der Barock zu altmodisch vorkam.

Kurz darauf wurde ein Umbau im passend modernen Klassizismus in die Wege geleitet. Auch nach den vielen Umbauten, die später erfolgten, sollte diese Bauepoche das äußere Gesamtbild des Palais bis heute weitgehend prägen. Die schöne Büste des griechischen Gottes Hermes (Bild links) auf der Straßenseite ist ein schönes Beispiel dafür. Im Kern bleib es trotz des veränderten Stils immer noch ein Adelspalast, aber deren Zeit ging zu Ende, und so wurden Ende 19. Jahrhunderts auch etliche Wohnungen und Geschäftsräume im Gebäude zwecks Finanzierung des im Unterhalt sicher recht kostspieligen Gebäudes vermietet. 1922 verkaufte die Familie das ganze Gebäude an eine Krankenhausverwaltung (ab 1928 residierte hier auch eine Krankenversicherung).

Das ging natürlich nicht ohne gravierende bauliche Veränderungen. Und so mutierte der Palast endgültig zu einem großen Verwaltungsgebäude. Das besorgte in den Jahren 1924 bis 1927 der Architekt und Bauunternehmer František Kavalír (wir berichteten über ihn bereits hier), der geschickt die modernen Gebäudekomponenten (insbesondere hinzugefügte obere Stockwerke) mit Relikten der barocken und klassizistischen Vorgängerbauten kombinierte, sodass das Ganze vor allem bei der Fassade weiterhin wie eine geschlossene Einheit und ein palastartiges Gebäude wirkte. Es wirkte immer noch recht majestätisch, trotz des profaneren Zweckes. Nach dem Krieg – genauer 1952, also schon unter kommunistischer Herrschaft – zog hier das Nationale Gesundheitsinstitut (Ústav národního zdraví) ein, das sich primär der Gesundheitsvorsorge widmete. Nach der Samtenen Revolution (1989), die den Kommunismus beendete, wurde das Gesundheitswesen umstrukturiert. Das Institut wurde aufgelöst und seine Aufgaben an die regionalen Bezirke verteilt.

Deshalb veräußerte der Staat 1996 die seit 1976 unter Denkmalschutz stehende Liegenschaft. Das Gebäude ging zunächst einmal an eine Immobilien-Entwicklungsgesellschaft. Wegen des steigenden Pragtourismus wurden Planungen für einen Hotel in Angriff genommen. Im Jahre 2008 eröffnete hier das nach den Plänen von Ian Bryan Architects, einem 1998 in Prag gegründeten Architekturstudio, erbaute fünfsternige Grand Mark Hotel (zunächst als Hotel Kempinski). Alles das geschah natürlich unter Beachtung er denkmalschützerischen Vorgaben. Und so hat das Hotel tatsächlich trotz der sehr umfassenden Umbaumaßnahmen, die es auf dem Weg vom Palast über die Gesundheitsbehörden zum heutigen Hotel durchlief, ein wenig von sorgfältig rekreierter Vornehmheit.

75 Zimmer und Suiten und jeden Luxus bietet das Hotel. Dazu gehört auch ein riesiger Garten, der aus dem nunmehr verkleinerten ursprünglichen Palastgarten entstand, aber immer noch satte 1800 Quadratmeter misst. Er ist auf moderne Art einem Barockgarten nachempfunden und beherbergt ein Gartenrestaurant. Eine Rarität, die man in Prag sonst nur noch hier findet, sind die weißen Pfauen, die dort frei herumlaufen oder auf den Fensterbrettern sitzen (Bild oberhalb links). Zentrales Herzstück des Gartens ist jedoch – neben einigen modernen Skupturen – der noch originale Brunnen aus der Barockzeit, Der Wasserspeier des halbkreisförmigen Brunnens hat die Form eines Löwenkopfes. Er rundet das Bild des Gebäudes ab und trägt in sich die Erinnerungen an die Zeiten, als dieser Ort dem Adel vorbehalten war und nicht normalen Hotelgästen offenstand. (DD)
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