Hier zog der Schauspieler nur ungerne weg

Der spätere Stadtteil Vinohrady wurde im späten 19. Jahrhundert angelegt. Damals war üppige historistische Architektur angesagt. Aber in den 1930er Jahren verschwanden einige der alten Häuser und wurden durch ultramoderne funktionalistische Gebäude ersetzt. Ein recht originelles Beispiel dafür findet man in der Francouzská 145/22 in Vinohrady (Prag 2).

Das ersetzte im Jahr 1937 ein zweistöckiges historistisches Mietshaus aus dem Jahr 1867. Das siebenstöckige Gebäude wurde nach den Plänen des Architekten Rudolf Novotný (der zugleich das Bauunternehmen betrieb) im Auftrag des Besitzers František Svojsík entworfen, der ein bekannter Prager Jurist war. Der Abriss alter Häuser, den wir heute vielleicht bedauern, schien damals das Gebot der Stunde zu sein. Neue Gebäude versprachen einfach mehr Lebensqualität, wie etwa fließend Wasser in jedem Apartment und einfache Belieferung mit Strom und Gas. Und die entsprechende Aufrüstung alter Gebäude war zu kostspielig. Das mag man heute anders sehen, aber damals waren auch im schönen Vinohrady (das erst 1922 Teil von Prag wurde) Wohnungen in neuen funktionalistischen Gebäuden enorm begehrt.

Eine besonders originelle Fassadengestaltung hatte sich der Architekt für dieses Wohnhaus ausgedacht. Die Fassade ist in drei Achsen aufgeteilt. Während die mittlere regelmäßig aus Rechteckformen besteht, zeichen sich beiden, etwas nach hinten versetzten äußeren durch gekrümmte Fenster aus, die Platz für Kleinbalkone schaffen und die den Lichteinfall von Süden begünstigen (man erkennt das schön am Ausschnittsphoto rechts). Das oberste Stockwerk ist etwas zurückgesetzt und verfügt dadurch über eine Terrasse in 22,5 Metern Höhe von der aus man wohl eine Aussicht bis hin zur Burg genießen kann. Die Fenster sind da ebenfall nach Süden ausgerichet, aber nicht abgerundet, was für optische Abwechslung sorgt. Insgesamt hebt sich Gebäude markant und in origineller Weise von anderen funktionalistischen Mietshäusern der Zeit ab. 1938 wurde im Innenhof ein kleiner Anbau für eine Druckerei genehmigt und realisiert, der aber die Außenwirkung nicht beeinträchtigte.

Anscheinend ließ es sich hier tatsächlich immer recht gut leben, zumal das ganze auch zentral gelegen ist. Denn immerhin wohnte hier über Jahre hinweg der prominente und beliebte Schaupieler Bohuš Záhorský, der in unzähligen bekannten Filmen (etwa dem Westernmusical Limonádový Joe) aufgetreten war – trotz seines Starruhms in einer kleinen Einzimmerwohnung. Erst als er 1971 seine Schauspielerkollegin Vlasta Fabianová (für die es die zweite Ehe war) heiratete, wurde er – wenn man den Überlieferungen glaubt – von selbiger arg bedrängt, mir ihr eine größere Wohnung am Moldauufer zu beziehen. Dem soll er nur widerwillig Folge geleistet haben. Die Wohnung übertrug er darob seinem Freund und Schauspielerkollegen Bořivoj Navrátil. (DD)

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