- Hans Weber
- October 14, 2024
Hunderte Roma Aus Der Ukraine Am Prager Hauptbahnhof Gestrandet – Initiative Zur Flüchtlingshilfe Ruft Humanitäre Krise Aus
Zahlreiche ukrainische Roma müssen unter unwürdigen Bedingungen tagelang auf dem Prager Hauptbahnhof ausharren. Ihre Anerkennung wird genauer überprüft als die anderer Menschen aus der Ukraine. Allerdings ist das Hilfszentrum am Bahnhof nicht für längere Aufenthalte ausgelegt.
Die Initiative zur Flüchtlingshilfe am Prager Hauptbahnhof „Iniciativa Hlavák“ richtete sich mit einem Hilferuf an die tschechische Öffentlichkeit. Seit 2015 kümmert sich die Initiative um die am Bahnhof ankommenden Geflüchteten, mit dem Krieg in der Ukraine nahm ihre Arbeit neue Dimensionen an. „Wir sind nicht in der Lage, Menschen auf der Flucht angemessen und würdevoll zu helfen. Nicht ohne die substantielle Hilfe staatlicher Institutionen“, erklärte die Initiative in einer Pressemeldung.
Der Grund hierfür liegt darin, dass sich die Initiative mit Aufgaben konfrontiert sieht, für die sie nicht ausgelegt ist. Eigentlich soll sie nur ein erster Anlaufpunkt bei der Ankunft sein. Ein Ort, der den Menschen erst einmal Essen und Trinken anbietet, bevor sie weiter ins Hilfszentrum gehen, Anträge ausfüllen und eine Unterkunft zugewiesen bekommen. Allerdings geht durch den Umgang der Behörden mit den ankommenden Roma ihre Arbeit in der Praxis weit darüber hinaus.
Prüfung auf doppelte Staatsbürgerschaft bei fliehenden Roma
Die ankommenden Roma werden genauer durchleuchtet als die sonstigen Geflüchteten. Sie stehen bei der Antragsstellung auf temporären Schutz unter dem Generalverdacht, neben der ukrainischen auch die ungarische Staatsbürgerschaft zu haben. Das geht zurück auf die Politik von Viktor Orbán, auf Grund derer eine große Anzahl der ungarischsprachigen Bürger der Nachbarländer, wie auch der Ukraine, eine doppelte Staatsbürgerschaft besitzen. Dies wird zum Anlass genommen, den Status der Roma ausführlicher zu prüfen.
Die Initiative erkennt darin, mit Blick auf die anstehenden Wahlen, politisches Kalkül. „Die Rettung von Hunderten von Roma in Armut […] wird niemandem politische Punkte bringen“, heißt es von der Initiative. Die Folge sind drastische Szenen am Prager Hauptbahnhof. Die Überprüfung der Identitäten dauere bis zu zehn Tage, in dieser Zeit müssten die Geflüchteten im Bahnhof bleiben. Alleine am vergangenen Samstag hätten mehr als 400 Menschen im Bahnhof übernachtet, wofür dieser nicht ausgelegt ist. Da der Initiative nur Essen für die Ankunft der Menschen zugeteilt wird, ist neben der fehlenden Unterbringung auch der Mangel an Nahrung zum Problem geworden. „Wir können so langfristig nicht überleben. Ein systematischer Wandel in der Hilfe für Roma-Flüchtlinge ist notwendig“, erklärte die Initiative.
Tschechien rügt Ungarn und erwägt Bau einer Zeltstadt
Die Politik versucht zu beschwichtigen und weist die Verantwortung von sich. „Die Informationen fließen sehr langsam und die Menschen müssen hier unnötig lange warten, deshalb habe ich meinen ungarischen Amtskollegen um Verhandlungen gebeten, wir schreiben eine Rüge für die ungarischen Behörden“, sagte Innenminister Vít Rakušan (STAN). Zudem kritisierte er, dass er aus der Hauptstadt nicht die nötige Unterstützung erhalte, um Unterkünfte zu organisieren.
Die Stadt schiebt die Schuld hingegen zurück zum Staat. „Ich muss sagen, dass ich auch unglücklich über diese Situation bin. Der Punkt ist, dass der Staat derzeit nicht die Unterbringungskapazitäten bereitstellt, die er bereitstellen sollte“, so Oberbürgermeister Zdeněk Hřib (Piraten). Mit bloßen Schuldzuweisungen und Rügen ist allerdings niemandem geholfen. Das Prager Rathaus erwägt den Bau einer kleinen Zeltstadt, welche allerdings auch nur auf eine Unterbringung für bis zu zwei Tage ausgelegt wäre.
Innenminister Vít Rakušan kündigte am Mittwoch gegenüber dem Server blesk.cz schließlich an, Geflüchtete aus der Ukraine strenger kontrollieren zu wollen. Um humanitäre Hilfazuwendungen in Tschechien beantragen zu können, werde ab kommenden Montag insbesondere überprüft, ob die Geflüchteten einen Stempel im Pass haben, der nachweist, dass sie die ukrainische Grenze überschritten haben.
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