Räuber, Hexe und Krabat: Das Vermächtnis von Otfried Preußler

Otfried Preußler wurde am 20. Oktober 1923 in Reichenberg (Liberec) geboren. Zum 100. Geburtstag des berühmten Kinderbuchautors schildert unsere Kulturredakteurin Lucie Drahoňovská ihre ganz persönliche Verbindung zu Otfried Preußler.

Märchen mag ich, seitdem ich denken kann. Besonders Zeichentrickfilme, die in meiner Heimat ein Phänomen darstellen. Deshalb tauche ich selbst heute noch gerne in die Welten der tschechischen Filmemacher Karel Zeman, Hermína Týrlová oder František Vystrčil ein, dessen Film „O místě na slunci“ („Über einen Ort auf der Sonne“) als erster tschechoslowakischer Zeichentrickfilm im Jahr 1961 für einen Oscar nominiert war.

Die Sage von Krabat

Ein Märchen, welches mich sehr geprägt und für eine lange Zeit einen Schreck hinterlassen hat, war die Geschichte von Krabat. Über die sorbische Buchvorlage oder die bewegende Lebensgeschichte des deutschsprachigen Autors Otfried Preußler wusste ich damals noch nichts. Doch den blutigen Kampf zwischen Krabat und seinem grausamen Meister, der den armen Waisenjungen in die Geheimnisse der schwarzen Magie einweihen will, die Särge für seine Kameraden aus der Schwarzen Mühle, falls sie die Meisterprüfung nicht bestehen würden und vor allem das bösartige Krähen der Raben wurde ich lange nicht los.

Erst viele Jahre später wurden mir die Zusammenhänge zwischen der finsteren Krabat-Geschichte und dem deutschsprachigen Kinderbuchautor Otfried Preußler klar. Ich erfuhr, dass der Literat außer Krabat noch etliche weitere Kindergeschichten verfasste, die bis heute große wie kleine Leser erfreuen. Besonders bekannt geworden sind dabei sicherlich „Der Räuber Hotzenplotz“, „Die kleine Hexe“ und „Der kleine Wassermann“. Das Vermächtnis, das er als Kinderbuchautor schuf, ist beeindruckend. Insgesamt schrieb er 32 Bücher, die in 55 Sprachen übersetzt, mehrfach ausgezeichnet und weltweit mehr als 50 Millionen Mal verkauft wurden.

Abenteuer und das Besondere der Welt 

Sein Erfolgsrezept? Im Gespräch unmittelbar nach der Verleihung des Kinderbuchpreises von 1963 hat er es so zusammengefasst: „Es geht darum, dass die Leute, die Kinder- und Jugendbücher schreiben, darin ungefähr das zum Ausdruck bringen, was sie sich selbst als Kind gewünscht haben: Die Sehnsucht nach dem Abenteuer, nach dem Besonderen der Welt.“ Und das, worüber er schreibt, bliebe für ihn im Wesentlichen ein Rätsel, das er intellektuell nicht entschlüsseln könne. So ging es auch mir, der Preußler-Leserin, bis ich im Prager Kino Ponrepo den berühmten Zeichentrickfilm „Krabat“ des Regisseurs Karel Zeman von 1977 mit einem großen Zeitabstand erneut sah. Dabei wurde mir klar, dass die von mir einst empfundene Horrorgeschichte in sich zugleich eine Hoffnung trägt: dass die Liebe alles überwinden kann.

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