Weißer Schwan auf der Kleinseite

Ride a White Swan, so sang dereinst die Glam-Rock-Gruppe T-Rex. Ob Sänger Marc Bolan dabei an das Haus in der Nerudova 232/49 auf der Prager Kleinseite gedacht hat, ist wohl eher fraglich. Oder wurde das Haus von einem Fan der Gruppe gebaut?

Natürlich nicht. Denn das passend Haus zum Weißen Schwan (Dům U Bílé labutě) genannte Gebäude ist natürlich sehr viel älter als die Reichweite der Erinnerungskultur der Babyboomer erlaubt. Wie es auf der Kleinseite unterhalb der Burg (vor dem großen Feuer von 1541) üblich war, befand sich dort, wo heute ein Barockhaus steht, ein mittelaterliches Haus im gotischen Stil, vom dem aber anscheinend nur Fragmente in den Kellergewölben überlebt haben. Damals gab es ja noch keine amtlichen Hausnummern (über deren Geschichte in Prag wir bereits hier aufklärten), die das Auffinden von Häusern erleichterten. Stattdessen trugen die Häuser Namen, die man anfänglich oft nur auf Holztafeln schrieb.

Die umfassende, einem Neubau nahekommende Erneuerung des Hauses in der Nerudova erfolgte in den Jahren 1667 bis 1693 im neuen Barockstil. Da führte man meist die alten Hausnamen fort, aber die aus Stuck bestehenden, in Kartuschen gerahmten Hausschilder wurden immer prächtiger. So wie hier der Schwan, der ruhig auf dem Wasser schwimmt und immer noch dem Haus seinen Namen gibt. Manchmal dienten solche Hausschilder als eine Art Werbung für das im Haus ausgeübte Gewerbe (Beispiel hier), aber oft genügten auch Tiersymbole, wie in diesem Fall.

Ansonsten ist die Baugeschichte ab da nicht sehr detailliert überliefert. Ein wenig hilfreich haben sich aber die Zeichnungen des Malers und Zeichners Johann Joseph Dietzler erwiesen, der zwischen 1720 und 1743 präsize die Gebäude und die Stadtansichten von Kleinseite und Burgdistrikt zwecks Dokumentation erfasste. Dem kann man enthemen, dass das Haus 1730/31 nach einem Besitzerwechsel mit dem dahinter liegenden Haus in der Jánská Straße zusammengelegt wurde und dabei noch einige Modifikationen durchmachte, die aber die hier abgebildete Hausfront an der Nerudova nur wenig betrafen. Später erfolgten im Innenbereich einige klassizistisch inspirierte Umbauten. Das dreistöckige Haus mit seinen Gauben auf dem Dach besticht durch seine klar strukturierte Fassade, deren Herzstück aber zweifellos der weiße Schwan ist. (DD)

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