- Hans Weber
- April 24, 2025
Zoo-Café im alten Winzerhaus
Das Gelände, auf dem sich heute der Zoo in Prag-Troja befindet, bestand früher aus mehreren Weingütern. Der Zoo bemüht sich, dieses Erbe an einigen Stellen sichtbar zu machen. Und in einem der verbliebenen Gebäude des Gutes kann man sogar eine kulinarische Überraschung erleben.

Blickt vom von Giraffenareal oder dem neuen Gorillahaus (wie im Bild links) in die weite Ebene nach Nordwesten sieht man das imposante Hauptgebäude des Weinguts Sklenářka, das im späten 17. Jahrhundert angelegt wurde. Der fast festungsmäßige einstöckige Bau mit rechteckigem Grundriss und Walmdach, diente damals im Untergeschoss dem Verwalter als Bleibe, während das obere Stockwerk vom (bürgerlichen) Besitzer als Sommerdomizil genutzt wurde. Der Zoobesucher kann es nicht betreten, obwohl es auf dem Gelände steht, das dem Zoo seit seiner Gründung im Jahre 1931 gehört. Bis Anfang der 1980er Jahre wurde es als Unterkunft für Zooangestellte genutzt. Wein wird seither in diesem Areal nicht mehr angebaut, aber wer einen Eindruck gewinnen will, wie es damals gewesen sein könnte, kann ja das noch aktive Weingut Salabka auf dem Nachbargrundstück besuchen. Wie dem auch sei, die Nutzung für Werkswohnungen und der anschließende Leerstand taten dem Gebäude nicht gut. Insbesondere die Wandmalereien im Inneren wurden teilweise zerstört. 1990 (nach dem Kommunismus) restaurierte man es und 2011/12 fand ein grundlegender Umbau statt. Seither dient es repräsentativen Zwecken (etwa Empfängen des Zoodirektors mit Größen aus Politik und Zoologie u.ä.). Und normalsterbliche Zoobesucher kommen nicht einmal in die Nähe, denn die unmittelbare Umgebung ist umzäunt.

Nun aber zu dem Teil, der für die Zoobesucher voll und ganz und mit Gewinn betreten können: Das kleine Gebäude mit Namen Černohouska. Es handelt sich um ein altes Winzerhaus aus dem 17. Jahrhundert. Während sich das wahrscheinlich wesentlich größere Weingut Sklenářka auf der leicht hügeligen Ebene im Hinterland der Felswände befindet, die zur Moldau abfallen, erstreckte, befindet sich das rechteckige massive Gebäude der Černohouska mit seinen 70 cm dicken Mauern hingegen direkt an der Felskante, weshalb man es schon von der Ferne aus gut sehen kann. Der Weinberg lag also auf dem Steilhang, woduch die Sonneneinstrahlung und die Wärmespeicherung durch das Karstgestein erhöht wurden. Also eine mühsam zu beackernde, aber qualitativ wohl gute Lage. Viel weiß man nicht über die Historie.Wörtlich übersetzt bedeutet Černohouska so etwas wie „Warme Semmel“. Aber hier wurde nicht Brötchen gebacken. Vielmehr weiß man aus Urkunden, dass Haus und Weinberg wohl von einer zufällig so heißenden Familie Černhaus oder Černohous angelegt wurden, von der man sonst aber quasi gar nichts weiß.

Der Zoo, der das Gelände übernahm, hat in den Jahren 2013 bis 2015 auch einen Teil des alten Weinbergs (unterhalb des Papageienhauses) wieder restauriert, von dem es tatsächlich noch einige Reste der Umfassungsmauern gab. Dazu nahm man die Expertise des Staatlichen Weinbauinstituts Freiburg in Anspruch. Der wieder auferstandene Weinberg sieht schön aus und es werden hier ausgesuchte Weintraubenarten angebaut, wie etwa die vom Institut erzüchteten Sorten Souvignier gris, Helios oder Muscaris.

Sie sind für Ernährungsbedürfnis früchteessender (frugivorer) Vögel und Primaten abgestimmt, was für die eine gute Nachricht ist, für weinliebende Besucher aber nicht. Denn sie werden ausschließlich und unvergoren an die Tiere verfüttert. Gerne hätte man sich als Besucher in einem der Zooläden auch eine Flasche mit einen guten Tropfen gegönnt. Es sollte nicht sein. Nun ja, vielleicht entdeckt man irgendwann, dass Weinverkauf an Menschen auch ein für den Zoo und die Tiere profitables Geschäft sein könnte. Dann – um auf das Thema zurückzukommen – gäbe es im Winzerhaus Černohouska möglicherweise noch eine Zusatzattraktion für die Feinschmecker. Man kann sich ja gut vorstellen, dass der Wein hier sehr gut sein müsste.

Aber auch so ist das kleine Häuschen ein Geheimtipp. Dazu muss man wissen, das die fünf Restaurants (von denen wir dieses bereits wegen seiner ungewöhnlichen kubistischen Architektur beschrieben haben) im Zoo – zu denen sich 10 Erfrischungsstände gesellen – an verschiedene Pächter verpachtet sind. Die passen ihr dadurch sehr unterschiedliches Angebot manchmal sogar der unmittelbaren Zooumgebung an. So befindet sich zum Beispiel passenderweise neben dem Großgehege für indische Elefanten das Restaurant Gulab, das tatsächlich indische Spezialitäten wie Madras Curry oder Chicken Tikka Masala anbietet! Die kulinarische Nische des Černohouska ist, was der volle Name bereits aussagt: Kavárna a Cukrárna Černohouska. Also Café und Konditorei Černohouska. Ja, man kann auch einige andere kleine Speisen – die delikaten Suppen, die man im Bild rechts sieht, seien erwähnt – zu sich nehmen. Alles ist klein, aber fein. Aber tatsächlich sind die Kuchen die eigentliche Spezialität des Hauses.

Und das seit 2009. Dieses einzige Gebäude des alten Weinguts, das erhalten ist, wurde zunächst vom Zoo nur als Lager und ab und an bis in die 1980er Jahre als Unterkunft für Mitarbeiter genutzt. Es litt unter Vernachlässigung, aber es war war sowieso eher schmucklos und enthielt deshalb auch keine Innenbemalungen oder andere Ornamente, so dass es sich dann 2009 auch mit vergleichsweise geringem Aufwand restaurieren und zu einem hübschen kleinen Café umbauen ließ.

Dazu fügte man an die der Moldau abgewandten Seite noch einen Anbau für sanitäre Anlagen und zusätzliche Lagerkapazität an. Neben dem Gebäude, das nur drei größere Tische hat, befindet sich noch eine große Terrasse für die Außengastronomie, die dem Ganzen einen sehr mediterranen Flair verleiht. Die Aussicht von hier über den unteren Zoobereich, die Moldau und die gegenüber liegende Burg ist imposant. Unter der Terrasse befindet sich noch ein kleiner Kinderspielplatz. Es ist also ein kleines und urgemütliches Ausflugslokal, so richtig für die ganze Familie.

Und da es sich nun einmal Café und Konditorei nennt, muss man natürlich hier auch ein paar Worte zum Kuchenangebot verlieren. Das, so finde ich, ist gar nicht klein und kann sich qualitativ mit dem mancher bekannterer Kaffeehäuser in der Altstadt messen. Eine richtige Überraschung! Es gibt ein reiches Angebot an Obst-, Sahne-, Nuss oder Schokoldaentorten, die vorzüglich sind. Dazu auch Eisbecher und zahlreiche Kaffeevarianten (mir behagt besonders der leckere Alžírská káva). Isst oder trinkt man drinnen oder auf der Terrasse, so wird das im Glas und der Kuchen auf einem Porzellanteller an der Kasse – Kellner oder Kellnerinnen gibt es wegen des kleinen Raumes nicht – serviert, und nicht auf Papptellern. Nur, wer „Take away“ macht, bekommt etwas anderes, aber dafür ist eigentlich im Sommer draußen ein kleiner Eisstand mit Süßigkeiten da. Eigentlich ist für uns bei einem Zoobesuch (den wir uns als Jahreskarteninhaber – inklusive Hund! – recht oft leisten) eine kleine Einkehr im alten Winzerhaus Černohouska so etwas wie ein „Muss“! (DD)
Recent posts
See AllPrague Forum Membership
Join us
Be part of building bridges and channels to engage all the international key voices and decision makers living in the Czech Republic.
Become a member